Verteidigung Zschäpe: ohne Anträge und ohne Kommunikation.

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle vom 16.06.2015

 

Verteidigung Zschäpe: ohne Anträge und ohne Kommunikation.

 

Zum Beginn des Hauptverhandlungstages erwarteten viele Prozessbeteiligte heute Unterbrechungsanträge von Frau Zschäpe sowie weitere Anträge, ihre bisherigen Pflichtverteidiger zu entpflichten. Zschäpe hatte sich gegen ihre Pflichtverteidigerin Sturm gerichtet, verschiedenste – im Detail allerdings wenig substantielle – Vorwürfe erhoben. Rechtsanwältin Sturm hatte alle Vorwürfe von Zschäpe danach bestritten, Zschäpe wiederum selbst um eine Verlängerung der Frist für eine Erwiderung gebeten. Trotzdem verhandelte der Senat heute regulär weiter. Überraschend ist auch öffentlich bekannt geworden, dass Rechtsanwalt Stahl sowie Rechtsanwalt Heer, die (diesmal) nicht von Zschäpe abgelehnt worden waren, ebenfalls schriftlich zu dem Antrag Stellung genommen hatten. Sie stellen sich explizit gegen die Äußerungen ihrer Mandantin.

 

Entsprechend abgekühlt scheint das Verhältnis sich auch heute im Gerichtssaal widerzuspiegeln. Eine Begrüßung erfolgte nicht, Kommunikation war nicht erkennbar. Fragen stellten Sturm und Herr keine, Stahl wenig, obgleich die Aussagen verschiedener Zeugen Zschäpe zumindest mittelbar belastetet.

 

So sagte zunächst ein BKA Beamter zur weiteren Identifizierung von Mundlos und Böhnhardt nebst Kleidung und Waffen bei einem Banküberfall auf eine Zwickauer Sparkasse im September 2009 aus, der eine eindeutige Zuordnung aufgrund der im Brandschutt und im Wohnmobil sichergestellten Kleidungsstücke vornehmen konnte. Auch verfügte das Trio über Revolver, die der Tatwaffe zumindest sehr ähnlich sahen.

 

Der Zeuge Rocco E. sagte aus, dass er Mundlos damals bei einem Konzert kennengelernt hatte. Er habe gewaltsame antisemitische und rassistische Aktionen propagiert, sei intelligent und sprachgewandt rüber gekommen. Er habe die Leute gut agitieren könne, habe dazu aufgefordert, rechte Konzerte zur besseren Vernetzung für gemeinsame politische Aktionen zu nutzen. Bei der Polizei hatte er noch Zschäpe benannt, die bei der Situation dabei gewesen sein soll. Daran wollte er sich heute nicht sicher erinnern, antwortete darauf ausweichend und kam auf Nachfragen ins Schleudern. Es ist davon auszugehen, dass er, wie viele Zeugen aus der rechten Szene, wenn es um konkrete Belastungen von Zschäpe geht, von seinen bisherigen polizeilichen Aussagen zurückrudern will. Überzeugend gelingt das nicht. Letztlich kam es aber auch heute nicht darauf an, weil der Zeuge auch angab, dass Gewalt und Waffen in der rechten Szene, wenn es um die Vertreibung von „Juden und Ausländern“ geht, als legitimes Mittel angesehen wurden.

 

Ein weiterer BKA-Beamte sagte zur Auswertung einer Datei aus, die eine Wette zwischen Böhhnadt und Zschäpe aus dem Jahr 2005 enthielt. Als Wetteinsatz war das Scheiden von 200 Videoclips vorgesehen. Das 2006 erstellte Bekennervideo mit „Paulchen Panter“ war sehr aufwendig produziert. Es seien sicher mehr als 200 Schnitte und Arbeitsschritte notwendig gewesen, um das Video herzustellen. Zwar seinen auch andere geschnittene Videos sicher gestellt worden. Diese wurden jedoch wesentlich weniger aufwendig produziert und entweder vor der Wette erstellt bzw. erst über 3 Jahre später aus Urlaubsvideos. Insofern ist der Schluss zu ziehen, dass Zschäpe von der beabsichtigen Erstellung des Bekennervideos wusste und ggf. auch an seiner Erstellung beteiligt war.

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