Verteidigung Zschäpe beginnt mit ihren Plädoyers

Zschäpe Einlassungen als „literarisches Werk“ Rechtsanwalts Borchert

Zschäpes Einlassungen als „literarisches Werk“ von Rechtsanwalt Borchert

 

Nach kurzer Verzögerung durch die Vernehmung eines selbst von der Verteidigung Eminger geladenen – so genannten präsenten - Zeugen, die letztlich vollkommen bedeutungslos war, begann heute die Verteidigung Zschäpe, hier Rechtsanwalt Borchert, zu plädieren.

Zuvor hatten Dr. Diemer von der Bundesanwaltschaft gemeinsam mit Rechtsanwalt Klemke, dem Verteidiger des angeklagten mutmaßlichen Waffenlieferanten Wohlleben, überraschend beantragt, das Verfahren gegen André Eminger abzutrennen.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

Eine solche Abtrennung würde bedeuten, dass die Verhandlung gegen André Eminger getrennt durchgeführt werden müsste. Daraus würden sich für beide Verfahren zahlreiche prozessuale Risiken ergeben, die eher noch geeignet wären, die Verfahren insgesamt stärker zu verzögern. Eine Abtrennung im jetzigen Verfahrensstadium wäre zudem eine Bankrotterklärung des Gerichts gegenüber zumindest einem Angeklagten, dessen Verteidigung sich dafür noch nicht einmal groß hätte Mühe geben müssen.“

 

Das Gericht stellte die Entscheidung über die Abtrennung zurück. Es wies daraufhin, dass es von der Qualität der Anträge der Verteidigung von André Eminger abhängig wäre, ob eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens daraus resultieren könne, die mit einer Abtrennung begrenzt werden würde. Neue Beweisanträge stellte die Verteidigung darauf nicht mehr. Ein Unterbrechungsantrag wurde abgelehnt.

 

Nun begannen die neuen Verteidiger von Zschäpe mit ihrem Schlussvortrag, zunächst Rechtsanwalt Borchert.

Borchert gab an, dass er aufgrund der langen Gespräche mit Zschäpe und vielleicht auch gerade, weil er die hauptsächliche Zeit der Verfahrens nicht anwesend gewesen sei, ein gänzlich anders Bild zeichnen könne. Das Prozessverhalten von Zschäpe wollte er allein durch die vorherige Beratung durch die so genannten „Altverteidiger“, Heer, Stahl und Sturm, erklären.

 

Wie zu erwarten, verteidigte er die Einlassung von Zschäpe. Die Plädoyers der Nebenklage bezeichnete er als reine eigene „Vermarktung“, weil sie angeblich eine prozessuale „Pflicht“ der Angeklagten Zschäpe zur wahrheitsgemäßen Einlassung konstatiert hätten (was im Übrigen unzutreffend ist).

 

Er stilisierte Zschäpe quasi als Opfer zum einen von Mundlos und Böhnhardt, dann zum anderen als Opfer der Anklage, der NebenklägerInnen und letztlich auch der Öffentlichkeit. „Trotz“ der zu erwartenden negativen Reaktionen, habe sich Zschäpe zu ihrer eigenen Einlassung entschieden. Dass sich Zschäpe nicht zu Fragen der Nebenklage oder weiterer Prozessbeteiligter geäußert habe, sei ihr gutes Recht und nicht zu kritisieren. Borchert persönlich habe ihr zu diesem Aussageverhalten geraten. Er habe nicht gewollt, dass Zschäpes Worte „auf die Goldwaage“ gelegt werden würden. Der unpersönliche Inhalt der Einlassungen von Zschäpe sei allein auf die „literarischen Fähigkeiten“ von Borchert zurück zu führen. Eine persönliche Aussage von Zschäpe hätte nach Ansicht von Borchert nichts verbessert, weil Generalbundesanwalt und Nebenklage ihr ohnehin nicht geglaubt hätten.

 

Beweismittel seien durch die Generalbundesanwaltschaft „spekulativ missbraucht“ worden. Belege dafür blieb Borchert allerdings zunächst schuldig. Auch die zahlreichen Widersprüche zwischen der Einlassung von Zschäpe und den zahlreichen weiteren Zeugen und Beweismitteln, wurden von Borchert allenfalls oberflächlich thematisiert. Anders wäre dies auch schwer möglich, da Borchert den nahezu größten Teil der Beweisaufnahme, über 200 Hauptverhandlungstage, nicht mitbekommen hatte. Insbesondere auf die Inhalte des Bekennervideos ging Borchert nicht ein, meinte vielmehr, dass ein Motiv für die Taten bis heute nicht erkennbar sei.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

"Rechtsanwalt Borchert versuchte in seinem Plädoyer bislang allein die Einlassung von Beate Zschäpe als glaubhaft darzustellen. Das war zu erwarten und war auch in seiner Begründung insgesamt wenig überraschend. Sinnvoll wäre gewesen, wenn sich Borchert mit den zahlreichen Widersprüchen befasst hätte, die sich aus den schriftlich vorgefassten Einlassungen – deren Inhalt nach eigenen Angaben auf seinen „literarischen Fähigkeit“ beruhten – beschäftigt und sie versucht hätte, nachvollziehbar aufzulösen. Genau das ist aber nicht ansatzweise gelungen: Ein bislang luftleeres und wenig an der Beweisaufnahme der ersten – und entscheidenden – 200 Hauptverhandlungstage orientiertes Plädoyer.“

 

Die weiteren Inhalte des Schlussvortrages, der morgen fortgesetzt werden soll, bleiben abzuwarten.

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