Untaugliches Störfeuer der Verteidigung Zschäpe.

Presseerklärung des Nebenklägervertreters Rechtsanwalt Peer Stolle vom 19. Mai 2015

Der heutige Hauptverhandlungstag begann mit einem Antrag der Verteidigung Zschäpe bezüglich des Sitzplatzes von dem Sachverständigen Prof. Dr. Saß im Verhandlungssaal. Am Nachmittag wurden ein Ermittler aus der Schweiz zu den Waffengeschäften der Firma Schläfli & Zbinden und ein Zeuge aus der Kasseler Nazi-Szene zu Kontakten zu Mundlos und Böhnhardt vernommen.

Zunächst hat die Verteidigung Zschäpe mehrere Anträge gestellt, die die Anleitung des Sachverständigen Dr. Saß durch den Vorsitzenden betrafen. Konkret betraf es den Sitzplatz des Sachverständigen in der Hauptverhandlung und dessen angebliche Möglichkeit, Gespräche zwischen der Verteidigung und der Angeklagten Zschäpe mitzuhören, sowie der Umstand, dass der Sachverständige die Angeklagte während der Hauptverhandlung und in den Sitzungspausen, soweit sie im Saal verbleibt, beobachten könne. Die Verteidigung hat nach langer Diskussion daran festgehalten, dass sofort über den Antrag entschieden werde, obwohl der Vorsitzende den Sachverständigen bereits angewiesen hatte, einen Sitz weiter von der Verteidigerbank Platz zu nehmen. Nach langer Diskussion und einer weiteren Verhandlungspause hat der Senat die Anträge abgelehnt. Einen ähnlichen Antrag, den Sitzplatz des Sachverständigen Dr. Saß zu ändern, hatte die Verteidigung bereits am 60. Hauptverhandlungstag gestellt.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu: "Es ist offensichtlich, dass der Antrag ein reines Störfeuer sein sollte. Wäre es tatsächlich so, dass der Sachverständige während der Hauptverhandlung und in den Pausen in der Lage gewesen ist, Gespräche zwischen der Verteidigung und der Angeklagten Zschäpe mitzuhören, stellt sich die Frage, warum die Verteidigung erst jetzt, am 206. Hauptverhandlungstag, erneut einen solchen Antrag stellt, obwohl der am 60. Hauptverhandlungstag gestellte Antrag offensichtlich folgenlos geblieben ist. Wenn tatsächlich Verfahrensbeteiligte Gespräche zwischen der Verteidigung und Zschäpe hätten mithören können, bleibt es unerklärlich, warum die Verteidigung einen solchen Zustand über fast 150 Hauptverhandlungstage unbeanstandet belassen hat. Soweit es darum ging, dass dem Sachverständigen die Möglichkeit genommen werden sollte, allein den Umstand einer Kommunikation zwischen der Verteidigung und Zschäpe wahrzunehmen, so geht dies an der Rechtslage und der Realität in jedem Strafprozess vorbei. Alle Verfahrensbeteiligten und auch die Öffentlichkeit kann die Angeklagten während der Hauptverhandlung beobachten."

Im Anschluss wurde ein Ermittler aus der Schweiz vernommen, der unter anderem auch die Geschäfte der Waffenfirma Schläfli & Zbinden untersucht hatte. Schläfli & Zbinden ist der Waffenhändler, über den die Ceska weiterverkauft worden ist. Mit der Benennung des Zeugen zielte die Verteidigung Wohlleben darauf ab, Unregelmäßigkeiten in den Waffenbüchern der Firma nachzuweisen. Der Zeuge berichtete von einem Verfahren gegen einen deutschen Staatsangehörigen wegen gefälschter Waffenerwerbsscheine. Auch über die Firma soll an diesen Zeugen Waffen verkauft worden sein. Der Inhaber der Firma sei aber freigesprochen worden. Bei Schläfli & Zbinden sei immer alles korrekt und korrekt gewesen; Unregelmäßigkeiten in den Waffenbüchern habe er nicht feststellen können. Er habe die Firma über 14 Jahre lang ca. 1x im Monat kontrolliert. Im Rahmen der Befragung blieb offen, ob einige Personen bei der Firma mit gefälschten Waffenerwerbsscheinen oder unter Vorlage von Waffenerwerbsscheinen, die auf einen anderen Namen ausgestellt waren, bei der Firma Waffen kaufen konnten.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu: "Selbst wenn es einige Unregelmäßigkeiten gegeben haben soll, würden diese die generelle Beweiskraft der Waffenbücher der Firma Schläfli & Zbinden nicht erschüttern. Das Ziel der Verteidigung Wohlleben, Zweifel an der Lieferkette der Ceska zu sähen, kann daher als fehlgeschlagen angesehen werden."

Später wurde dann noch das zweite Mal der Zeuge Bernd T. vernommen. Der Zeuge hatte gegenüber den Ermittlungsbehörden schon Anfang 2012 geäußert, er hätte Kenntnisse darüber, dass Mundlos und Böhnhardt 2006 in Kassel bei einem Nazi-Konzert gewesen wären, dass er wisse, wer sie abgeholt habe und wo sie übernachtet hätten. Der Zeuge war schon einmal geladen und hat im Wesentlichen gesagt, dass er sich nicht mehr erinnere. Seine Vernehmung wurde damals unterbrochen. In seiner jetzigen Vernehmung hat der Zeuge bekundet, dass seine damaligen Aussagen beim BKA gelogen seien und er sich nur bei den Behörden gemeldet habe, um einen Widerruf einer Bewährungsstrafe zu verhindern. Informationen habe er tatsächlich nicht gehabt; dass, was er gesagt hatte, war entweder ausgedacht oder sei ihm von dem BKA in den Mund gelegt worden. Die Angaben, die er gemacht habe, habe er aus dem Internet bzw. den Medien gehabt. Auffällig war, dass der Zeuge am 9. November 2011 in Haft gekommen ist und aus der Haft Kontakt zu den Behörden aufgenommen hatte. In der Haft, so der Zeuge, habe er keinen Zugang zum Internet gehabt. Der NSU ist am 4. November 2011 aufgeflogen, erst am 8. November 2011 wurde die Identität von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe öffentlich bekannt.

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