Plädoyer der Verteidigung Wohlleben - Er wird als unschuldiges Opfer stilisiert; mit rechten Verschwörungstheorien geschmückt

Heute haben die Plädoyers der Verteidigung Wohlleben begonnen. Rechtsanwältin Schneiders begann mit allgemeinen Ausführen, erklärte, es sei ohnehin kein faires Urteil zu erwarten. Wohlleben sei unschuldig und befinde sich seit 6 Jahren in Untersuchungshaft. Sie thematisierte den aus ihrer Sicht unaufgeklärten Tod von Mundlos und Böhnhardt und rechtfertigte insbesondere auch ihre Beweisanträge, die aus unserer Sicht reine rechte Propagandaanträge waren (etwa zum so genannten „Volkstod“ oder dem angeblichen „Mord an Rudolf Hess“). Das Verfahren habe nichts ergeben, was die Anklagebehörde nicht wollte. Schneiders versuchte deutlich zu machen, dass die Verteidigung Wohlleben Aufklärungsbemühungen hinsichtlich des „Staatsversagens“ für richtig halte, weshalb sie sich auch einigen Anträgen der Nebenklage dazu angeschlossen hatte (wogegen sich die Antrag stellenden Nebenklagevertreter*innen allerdings auch nicht wehren konnten). Der NSU wurde als ein Konstrukt des Verfassungsschutzes dargestellt, was allerdings in keinem der Anträge der Nebenklage so ausgeführt worden war. Schneiders sprach immer wieder Unstimmigkeiten oder Ungereimtheiten aus den Ermittlungen an, die dann konstruiert in eine große Verschwörung gegen Wohlleben mündeten. So wurde insbesondere versucht, die so genannten Česká-Morde etwa einem wohnungslosen vermeintlichen Waffensammler in die Schuhe zu schieben (dass die Tatwaffe in der Frühlingsstraße gefunden wurde und sich der NSU zu den Taten bekannt hat, wird gekonnt ausgeblendet). Anträge dazu hätte die Verteidigung Wohlleben nicht gestellt, das sei vielmehr „Aufgabe der Nebenklage“ gewesen – warum, bleibt allerdings offen.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

„Die Verteidigung Wohlleben versucht die Aufklärungsbemühungen der Hinterbliebenen und Verletzten des NSU-Terrors für rechte Verschwörungstheorien zu nutzen. Das wird Wohlleben nicht helfen. Die eigene Stilisierung als „Opfer“ der Medien, der Öffentlichkeit oder der Justiz erinnert vielmehr stark an die Selbstinszenierung etwa der AfD oder anderer neuerer rechter Bewegungen.“

 

Am Nachmittag setzte Rechtsanwalt Klemke das Plädoyer fort – im „Pegida“-Jargon. Er sprach von einer entgrenzten rot-grün durchsetzten Republik und gleichgerichteten Medien, die alle nur vorverurteilen würden. „Lügenpresse“ sei eine berechtigte Bezeichnung. Wohlleben habe keine Lobby, „so genannte Migranten“ aber schon. Klemke wisse, dass er auf verlorenem Posten stehe. Politiker hätten das Klima des Verfahrens vergiftet. Von Beginn an habe das Urteil schon festgestanden. Alle Richter seien von Anfang an parteilich und voreingenommen gewesen. Im Anschluss stellte er die Lieferkette der Ceska und die Identifizierung der Ceska durch den Mitangeklagten Sch. aus Sicht der Verteidigung dar.

Das Plädoyer soll morgen fortgesetzt werden.

Rechtsanwalt Dr. Stolle erklärt dazu:

Klemke hat sein Eingangsstatement nicht für das Gericht, sondern für die rechte Szene gehalten. Mit dem markigen Versuch, die rechten Verschwörungstheorien und die eigene vermeintliche Opferrolle, die Rechtsanwältin Schneiders zuvor dargestellt hatte, zu forcieren, klangen die Ausführungen weniger wie ein Schlussvortrag in einer Hauptverhandlung, sondern eher nach einer Rede auf einer „Pegida“ Demonstration.“

 

 

 

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