Mandy S. - Aussage eines ehemaligen Neonazikaders ohne entscheidende Akten

Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer

Zunächst wurde die Vernehmung eines ballistischen Sachverständigen des BKA fortgesetzt. Er hatte die in Heilbronn verwendete Tatmunition und später die Tatwaffen untersucht und sie einander zugeordnet.

Am Nachmittag war dann die Zeugin Mandy S. geladen. Nach Aktenlage soll sie umfangreiche Unterstützungshandlungen für den NSU geleistet haben. Die Bundesanwaltschaft stellte sich noch gestern zum einen auf den Standpunkt, dass diese Unterstüptzungshandlungen verjährt sein dürften, andererseits wies sie extra darauf hin, dass nach ihrer Ansicht der Zeugin trotzdem ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zustehen würde, sie also nichts sagen müsse, wenn sie nicht möchte.

Mit Spannung erwartet wurde also zunächst, ob Mandy S. nach diesem freundlichen Hinweis der Bundesanwaltschaft überhaupt noch aussagen will. Bei der Polizei hatte die nach eigener Darstellung zumindest ehemelige Rechtsextremistin mehrfach Angaben gemacht, allerdings auch nur sukzessive auf Vorhalte ihre eigenen umfangreichen Verbindungen in die Szene dargestellt.

Das Gericht lehnte vor ihrer Vernehmung zunächst unseren Antrag ab, die gesondert geführten Ermittlungsakten gegen Mandy S. wegen Unterstützung des NSU beigezuziehen. Die Nebenkläger hätten dazu im Einzelnen vortragen müssen, was sich genau aus der Akte für dieses Verfahren ergibt, damit sie beigezogen wird.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

“Das Gericht verlangt von uns Unmögliches. Gern hätten wir zum genaueren Inhalt der Akte vorgetragen. Dafür müßten wir sie kennen. Die Bundesanwaltschaft verweigert uns aber die Akteneinsicht. So wird die notwendige Aufklärung und eine kritische Befragung von Mandy S. in wesentlichen Punkten verhindert.“

Danach sagte Mandy S. tatsächlich aus. Armin F. habe 1998 bei ihr an der Tür geklingelt und gefragt, ob drei Kameraden bei ihr schlafen können. Die hätten Scheiße gebaut. Mehr müsse sie nicht wissen, Namen kenne sie nicht. Sie sei selbst in der rechten Szene gewesen und hätte das als Kameradschaftsdienst verstanden. Die Drei wären dann in der Wohnung ihres damaligen Freundes Max Florian B. untergekommen. Dort hätte sie die Drei auch das erste mal gesehen.

Sie sei zunächst 1994, 1995 in der Skinheadszene gewesen. In Selb (Franken) habe sie Kai S. kennen gelernt und wäre über den in die Szene gekommen, habe sich selbst die Haare geschoren, Bomberjacke und Springerstiefel getragen. André E. kenne sie auch aus der Zeit, der habe auch mal bei ihr geschlafen. Dann hätte sich das alles von Party und Spass eher in eine politische Richtung entwickelt. Sie wäre mit den Chemnitzern dann auch auf Demos gefahren. So war sei am 1. Mai in Leipzig und bei einigen „Gedenkmärschen“ unter anderem auch in Dresden.

Die Drei hätten einen friedlichen netten Eindruck gemacht und sich bei Max Florian B. bedankt, dass sie dort schlafen dürften. Einer von den beiden Männer sah „nett“ und der andere „böse“ aus. Den „Netten“ hätte sie vorher schonmal in Jena gesehen. Der „Böse“ hätte nichts gesagt und irgendwie komisch geschaut. Das Mädchen habe eine freunliche Art gehabt und sei aufgeschlossen auf sie zugegangen. Die sei aus ihrer Sicht niedlich gewesen. Wie lange die Drei bei Max Florian B. gewohnt haben, wisse sie nicht. Er hätte sich ja innerhalb dieser Zeit ja auch von ihr getrennt, deshalb wisse sie nicht genau. Auf dem Weg zur Arbei sei sie öfter – villeicht so 5 mal – bei den Dreien gewesen. Das Mädchen habe sie mal gefragt, ob sie nicht im Streit mit ihrem Ex-Freund vermitteln könne.

Der Frau habe sie ihre AOK Karte zur Verfügung gestellt, als diese dringend zum Frauenarzt musste. Ihr sei mal aufgefallen, dass die drei so Würfel für ein Spiel gebastelt hätten. Das wollten sie in der Szene verkaufen. Namen von den Dreien hätte sie heute nicht mehr in Erinnerung. Es seien in Chemnitz aber viele Gerüchte unterwegs gewesen, von drei Jeanern, die auf der Flucht wären. Die hätten eine Reichskriegsflagge aus der Wohnung gehisst, einen Pupentorso mit Judenstern an der Autobahn aufgehangen und eine Garage mit Beweismaterial in die Luft gejagt. Ihr gegenüber hätten die Drei nicht den Eindruck vermittelt, dass sie auf Krawall ausgewesen sind. Max Florian B. habe berichtet, dass sie Termine zum Telefonieren aus bestimmten Telefonzellen ausgemacht hatten. Es sollten zunächst falsche Pässe besorgt werden, mit denen die Drei ins Ausland können. Es hätte ein Angebot dafür gegeben, was aber so billig erschein, dass die Drei es abgelehnt hätten. Sie seien davon ausgegangen, dass es eine Falle sein könnte. In der Wohnung hätten die Drei auch ein Funkgerät gehabt, mit dem sie den Polizeifunk abhörten. Von Waffen habe sie nichts mitbekommen.

Für das Trio hätte sie auch mal einen Ausweis beim Einwohnermeldeamt in Chemnitz abgeholt. Für den Fall einer Entdeckung hatten sie vereinbart, dass sie sagen solle, dass sie jemand auf dem Parkplatz angequatscht und Geld geboten hätte. Es sei dann aber alles reibungslos gegangen. Auf dem Ausweis sei ein Foto eines der Männer und falsche Daten dazu gewesen. Entweder Max Florian B. oder einer vom Trio hätte sie darum gebeten. Die Männer habe sie später auf Fotos nicht wieder erkannt. Es sei einfach zu lange her. Ihre neue Telefonnummer und Adresse habe sie nicht weitergegeben. Wie später ein Zettel mit ihrer Handschrift und diesen Daten in die Wohnung des Trios kam, könne sie sich nicht erklären.

Es habe Stress mit ihrem Ex-Freund gegeben, weil er behauptete, dass sie fremdgegangen sei. Das habe er auch rumerzählt. Deswegen habe sie ihn angerufen und sich beschwert, ob er jetzt denken würde, nur weil er drei Flüchtige unterbringen würde, er machen könne, was er wolle. Darauf habe Max Florian B. sie in ihrer Wohne mit einer Pistole bedroht und gesagt: „Du weißt, was mit Verrätern passiert!“

Im Jahr 2000 in etwa seien mehrere Beamte bei ihr auf Arbeit erschienen und hätten ihr viele Fotos auch Observationsfotos von ihrer Wohnung gezeigt worden. Es sei auch um eine „Kripo-Live“-Sendung gegangen, die sich auf die drei Flüchtigen bezog.

Mit Andre E. sei sie aufgewachsen. Er habe auch mal bei ihr geschlafen, als er noch eine Freundin in Chemnitz hatte. Irgendwann habe man sich aus den Augen verloren. E. hätte sie einmal bei sich aufgenommen, als sie bei ihren Eltern rausgeflogen sei. Vom Charakter her würde sie sagen, dass E. so ziemlich jedes Fettnäpfchen mitgenommen hätte. Dass die Drei bei Max Florian B. untergekommen wären, hätte sie vor Andre E. angeblich geheim gehalten.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

“Die Zeugin machte den Eindruck, als ob sie jegliche belastenden Tatsachen, die konkret Zschäpe oder Andre E. belasten würden, versucht zurück zuhalten. Der Vorsitzende machte sie mehrfach darauf aufmerksam, dass es den Anschein hat, dass sie Einzelheiten verschweigt. Auf konkrte Nachfragen und Vorhalte kam dann doch immer mehr. Dass Mandy S. selbst Nazikader zumindest war, ist noch nicht vollständig erfragt. Es wird morgen sicher noch umfangreichen Klärungsbedarf bei der weitern Vernehmnung geben.“

Die Befragung wird morgen fortgesetzt. Dann wird ggf. auch die Nebenklage dazu kommen Fragen zu stellen.

 

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