Letzte Plädoyers der Verteidigung haben begonnen: Altverteidiger von Zschäpe fordern mit formaler Argumentation Freispruch wegen „aller Staatsschutzdelikte“

Nachdem die Beweisaufnahme nach kurzer Verzögerung wieder geschlossen werden konnte, begannen die so genannten „Altverteidiger“ von Zschäpe, Rechtsanwälte Heer, Stahl und Sturm mit den letzten Plädoyers des Prozesses. Zumindest bis zum Ende der Woche sollen diese fortdauern. Danach stehen noch die letzten Worte der Angeklagten an, so sie welche abgeben wollen, bevor das Urteil verkündet werden kann. Rechtsanwalt Heer begann und erklärte recht umständlich und formalistisch, der angeklagte Sachverhalt habe sich zwar in wesentlichen Punkten bestätigt, sei aber rechtlich nicht als mehrfacher Mord, Mordversuch und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu bewerten. Zschäpe habe nur Alltagshandlungen durchgeführt und die Taten auch „nicht vom Küchentisch gesteuert“. Daher beantragte er auch gleich am Anfang des Plädoyers Freispruch u.a. hinsichtlich aller angeklagten vollendeten und versuchten Morde von Zschäpe.

Das Verfahren sei nicht fair gewesen. Bei den ersten Versuchen des BKA mit Zschäpe ins Gespräch zu kommen und ihr Informationen zu entlocken, habe es sich um bewusste Täuschungen gehandelt. Die Ergebnisse seien nicht verwertbar. Dass Zschäpe später mit neuen Verteidigern eine Einlassung abgeben lassen hat, die wesentlich verheerender wirkte als jeder Halbsatz, den ihr die Ermittler zuvor versuchten zu entlocken, blendete Heer dabei aus. Er lastete vor allem der Öffentlichkeit und „geltungssüchtigen Politikern“ eine noch nie dagewesene Vorverurteilung von Frau Zschäpe an. Auch der Generalbundesanwalt und das BKA hätten Zschäpe „öffentlich angeprangert“. Das psychiatrische Gutachten von Prof. Saß grenze zudem an „Kaffeesatzleserei“. Die „Krise“ der Verteidigung Zschäpe hätte das Gericht für seine Zwecke genutzt. Der Vorsitzende habe die Altverteidiger bewusst „kaltgestellt“ und von Informationen über die Verteidigung von Rechtsanwälten Grasel und Borchert ausgeschlossen.

Das Gericht werde sich nur „begrenzt“ auf die Erklärungen von Zschäpe in der Verhandlung stützen können, weil dafür eine ordnungsgemäße Beratung durch die neuen Verteidiger nicht habe erfolgen können. Rechtsanwalt Heer nahm insoweit ausdrücklich Bezug auf Rechtsprechung zu „lügenden“ Angeklagten, woraus deutlich wird, wie die Altverteidiger selbst die Einlassungen von Zschäpe bewerteten.

Zschäpe schien den Vortrag eher desinteressiert wahrzunehmen und mit zeitweise ausgiebigem Gähnen zu begleiten.

Der Hauptverhandlungstag endete relativ früh, da der Angeklagte Wohlleben angab, Kopfschmerzen zu haben. Morgen wird das Plädoyer fortgesetzt werden.

 

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