Gamze Kubașik äußert sich zu den veröffentlichten Berichten des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz

„Danke Jan Böhmermann! Danke an „Frag den Staat“! Vor allem aber danke an die Menschen, die diesen Bericht weitergegeben haben, damit er veröffentlicht werden kann!

Seit 2011 wurde mir und meiner Familie Aufklärung versprochen: von der damaligen Bundeskanzlerin, vom Bundespräsidenten, von den Parlamenten. Ich will immer noch wissen, warum mein Vater, Mehmet Kubașik, von Neonazis ermordet wurde. Wie wurde er ausgewählt? Wer war noch beteiligt? Hätte dieser Mord verhindert werden können? Was wussten die Verfassungsschutzämter?

Der NSU ist ein Netzwerk. Ein Netzwerk, das durchsetzt und umzingelt von V-Leuten der Verfassungsschutzämter war. Ich glaube nicht, dass der Verfassungsschutz nicht wusste, dass es den NSU gibt und dass er sich bewaffnet als Terrorgruppe in Deutschland bewegt. Weder der Gerichtsprozess in München, noch die anderen Verfahren der Bundesanwaltschaft haben meine Fragen beantworten können.

Der hessische Verfassungsschutz wollte erst 120 Jahre den Bericht geheim halten, der nun veröffentlicht worden ist. Nachdem ich Ihnen nun lesen kann, frage ich mich warum. Der Verfassungsschutz hat versagt. Er hat die Neonazis damals, wie heute massiv unterschätzt. Und er hatte V-Leute, die mit ihrem Geld und ihren Möglichkeiten die Nazis unterstützt haben, statt sie zu bekämpfen. All das ist nicht neu.

Der Bericht der nun veröffentlicht wurde, ist dennoch wichtig, denn er zeigt, dass die Verfassungsschutzämter offensichtlich selbst ihre heftigen Fehleinschätzung gesehen haben und allein das und nicht irgendwelche Sicherheitsfragen ausreichen sollte, erst für 120 und dann immer noch für 30 Jahre zu versuchen, die Vertuschung fortzusetzen. Die versprochene Aufklärung sieht anders aus!

Ich muss diesen Bericht sicher noch mehrfach lesen, um ihn komplett zu verstehen. Aber was ich sehe, ist, dass nach dem Bericht erst über 500 Akten, dann mindestens 200, angeblich vom Verfassungsschutz in Hessen selbst nicht gefunden wurden. Ich befürchte, dass der Verfassungsschutz für 120 Jahre nur geheim halten wollte, was ihm einfach peinlich ist, also eigenes Versagen. Was aber möglicherweise direkt zum NSU und der Arbeit des Verfassungsschutzes in Hessen dazu vorhanden ist, wird nicht als geheim eingestuft, sondern verschwindet einfach.

Ich freue mich über jeden weiteren Whistleblower. Vielleicht gibt es ja diese 500 Akten noch! Und vielleicht gibt es dann auch noch Journalisten, die trotz möglicher persönlicher Konsequenzen bereit sind, diese Akten zu veröffentlichen!“

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