Corona-Virus: Auch Beratung per Video und Telefon ++ Arbeitsrechtliche Auswirkungen
In den letzten Tagen erreichen uns zahlreiche Anfragen zu arbeitsrechtlichen Auswirkungen der Pandemie. Wir haben, wie viele andere auch, organisatorische Maßnahmen getroffen, um unseren Mandantinnen und Mandanten in dieser Krisensituation eine bestmögliche Beratung zu bieten und gleichzeitig unseren Kanzleibetrieb zuverlässig aufrecht zu erhalten.
Um Risiken zu minimieren, bieten wir ab sofort für unsere Mandanten auch (Erst-)Beratungen per Video und per Telefon an. Unterlagen können auch elektronisch übermittelt werden. Vereinbaren Sie gerne Ihren Termin für eine Videoberatung oder telefonische Beratung. Notwendige persönliche Beratungen finden aber ebenfalls weiterhin statt.
Fristen müssen eingehalten werden
Die Einschränkungen im öffentlichen Leben haben mittlerweile zwar auch die Gerichte erreicht, sodass einzelne Verhandlungstermine verlegt werden. Klagen werden aber selbstverständlich weiterhin angenommen. Bei einer Kündigung oder Änderungskündigung oder einer Befristung muss die dreiwöchige Klagefrist daher weiterhin eingehalten werden. Ebenso müssen Ansprüche innerhalb der jeweils anwendbaren gesetzlichen, tarifvertraglichen oder vertraglichen Frist geltend gemacht werden.
Zudem stellen sich in der aktuellen Situation zahlreiche Fragen:
Für Betriebsräte/Personalräte
Der Arbeitgeber möchte so schnell wie möglich Kurzarbeit, Homeoffice, Gesundheitsschutz regeln? Wie kann der Betriebsrat/Personalrat Beschlüsse fassen? Für Betriebsräte und Personalräte bieten wir schnelle Beratung und Hilfe bei der Bewältigung der Probleme und Anforderungen, die jetzt anstehen.
Für Beschäftigte
Zu den aktuellen individualrechtlichen Problemen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus finden Sie nachstehend die wichtigsten Fragen und Antworten zu arbeitsrechtlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie, die unsere Kollegin Dr. Pelin Ögut aus Bremen zusammengestellt hat.
Ihre individuelle Situation besprechen wir gerne im Rahmen einer persönlichen Beratung.
Ihr hochengagiertes Team von
dka Rechtsanwälte Fachanwälte
Arbeitsrechtliche Auswirkungen der Coronavirus Pandemie
zusammengestellt von unserer Kollegin Dr. Pelin Öğüt aus Bremen:
Der Arbeitgeber ist aus seinen arbeitsvertraglichen Fürsorgepflichten heraus dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Gesundheit der Beschäftigten während der Verrichtung der Arbeit nicht geschädigt wird. Dieser allgemein geltende Grundsatz gilt insbesondere auch jetzt.
Verbietet der Arbeitgeber zum Beispiel, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich die Hand geben, so ist diese Anweisung zum aktuellen Zeitpunkt sicherlich eine sinnvolle Maßnahme, unterliegt aber trotzdem der Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 I Ziff. 1 BetrVG.
Der Betriebsrat und der Arbeitgeber sollen daher gemeinsam überlegen, welche Verhaltensanweisungen wirklich sinnvoll sind; ebenso aber auch zum Beispiel, wenn die Möglichkeit besteht, über die Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen.
Ja. Wenn der Arbeitgeber sich dafür entscheidet, den Betrieb zu schließen, so bleibt der Anspruch der Beschäftigten auf Fortzahlung ihrer Vergütung davon unberührt.
Ja. Die allgemein präsente Angst vor einer Ansteckung reicht nicht aus, um von der Arbeit fern zu bleiben. Nur wer tatsächlich krank ist und deswegen nicht arbeiten kann, muss nicht zur Arbeit kommen und hat in der üblichen Weise Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Zur Minimierung der Gefahr von Ansteckung und Verbreitung des Virus empfehlen Experten die Meidung von öffentlichen Verkehrsmitteln und die Nutzung alternativer Fortbewegungsmittel oder auch die Bildung von Fahrgemeinschaften. Soweit es die Tätigkeit zulässt, wird Arbeitgebern auch empfohlen Homeoffice-Arbeitsplätze einzurichten.
Wichtig ist, dass der Arbeitnehmer auch während einer Pandemie nicht unentschuldigt und ohne Absprache mit dem Arbeitgeber zu Hause bleiben darf. Ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht besteht in einem solchen Fall nicht. Das unentschuldigte Fernbleiben von der Arbeit kann daher eine Abmahnung oder im Einzelfall evt. sogar eine Kündigung nach sich ziehen.
Nein. In diesem Fall haben Beschäftigte keinen Anspruch auf Gehaltszahlung vom Arbeitgeber. Dies ist kein Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 EntgFG. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben aber einen Anspruch auf Entschädigung gem. § 56 Infektionsschutzgesetz. In den ersten 6 Wochen beträgt die Höhe der Entschädigung (wie die Entgeltzahlung im Krankheitsfall) in Höhe der üblichen Vergütung und nach Ablauf der 6 Wochen in Höhe des Krankengelds, das auch im Falle einer Arbeitsunfähigkeit gezahlt werden würde.
Zum Procedere: In den ersten 6 Wochen hat der Arbeitgeber die Entschädigung an die Beschäftigten auszuzahlen und kann sich diese dann von der zuständigen Behörde zurückerstatten lassen. Nach Ablauf von 6 Wochen jedoch müssen Beschäftigte die Entschädigung selber bei der zuständigen Behörde beantragen. Welche die zuständige Behörde ist, ist von Land zu Land unterschiedlich geregelt. In der Regel ist es das Gesundheitsamt oder die Landessozialbehörde. Über die jeweiligen Internetseiten der zuständigen Behörden kann man auch die Antragsformulare erhalten.
Einen Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz haben jedoch nur diejenigen, welche tatsächlich unter Quarantäne gestellt wurden, nicht aber diejenigen, welche (z.B. aus Angst vor Ansteckung) sich freiwillig in Quarantäne begeben.
Auch in diesem Fall besteht ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Wichtig ist auch hier, den Arbeitgeber sofort zu informieren. Denn nach dem Ende des Urlaubs besteht normalerweise die Pflicht des Beschäftigten, die Arbeit in der üblichen Weise zur üblichen Zeit am üblichen Arbeitsort wieder aufzunehmen.
Im Grundsatz gilt: Es muss zunächst alles versucht werden, um eine Betreuung des Kindes zu organisieren, um trotz der Schließung der Kita oder der Schule der Arbeitspflicht ordnungsgemäß nachgehen zu können. Ist dies nicht möglich, sollte unbedingt in Absprache mit dem Arbeitgeber eine Lösung gefunden werden. In Betracht kommt z.B. der Abbau von Plusstunden oder Arbeit im Home-Office. Dies ist aber nicht in jedem Arbeitsverhältnis möglich.
In § 616 BGB ist geregelt, dass der Arbeitnehmer weiterhin seine Vergütung erhält, wenn „er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird“. Das heißt, dass derjenige, der ohne eigenes Verschulden aus einem persönlichen Grund an der Arbeitsleistung verhindert ist, trotzdem weiter seine Vergütung erhält. Der Gesetzgeber sagt allerdings nicht konkret, wie viele Tage der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin der Arbeit gem. § 616 BGB fern bleiben und trotzdem die Vergütung erhalten kann. Nicht selten sind die Verhinderungsgründe nach § 616 BGB in Tarifverträgen konkretisiert. Ist dies nicht der Fall, wird in der Regel aus § 2 Abs. 1 Pflegezeitgesetz entnommen, dass im Einzelfall ein Zeitraum von maximal zehn Tagen als eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ im Sinne des § 616 Satz 1 BGB angesehen werden kann.
Allerdings geht die herrschende Meinung davon aus, dass ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB nur dann besteht, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nur „vorübergehend“ verhindert ist. Wird z.B. die Schließung des Kindergartens oder der Schulen sogleich für zwei oder mehr Wochen erklärt, besteht danach gar kein Anspruch auf Vergütungsfortzahlung nach § 616 BGB.
Als Grundsatz gilt: Der Arbeitnehmer trägt das sogenannte „Wegerisiko“. Es ist daher Sache des Arbeitnehmers, pünktlich den Arbeitsplatz zu erreichen. Wenn jedoch gar keine Möglichkeit mehr existiert, um zur Arbeit zu gelangen, muss der Arbeitnehmer in diesem Fall nicht mit Sanktionen, wie etwa eine Abmahnung oder Kündigung rechnen, da er den Abwesenheitsgrund nicht zu vertreten hat. Allerdings hat der Arbeitnehmer in diesem Fall keinen Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.
Prinzipiell ist es dem Arbeitgeber nicht verwehrt, einen Teil des Jahresurlaubs der Beschäftigten für alle gleichermaßen als Betriebsferien zu verplanen. Dies erfolgt in der Regel im Rahmen einer Urlaubsplanung und muss mit einem gewissen Vorlauf geschehen. In der aktuellen Pandemie-Situation wird es in der Regel jedoch um sehr kurzfristige Entscheidungen gehen. Entscheidet sich der Arbeitgeber, seine Beschäftigten von der Arbeitsleistung freizustellen, so müssen diese hierfür keinen (Zwangs)Urlaub nehmen und behalten den Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung.
Im Übrigen gilt in Betrieben mit einem Betriebsrat immer: „Zwangsurlaub“ bzw. Betriebsferien können nur verbindlich angeordnet werden, wenn der Betriebsrat dem zustimmt. Es besteht Mitbestimmung gem. § 87 Ziff. 5 BetrVG.
Durch das Corona-Virus kann es auch ohne etwaige Quarantänemaßnahmen zu Beeinträchtigungen im Betriebsablauf kommen, z.B. wegen durch Auftrags- und/oder Rohstoffmangel ausbleibende Lieferungen aus Corona-bedingt gesperrten Gebieten. Kann mangels notwendiger Materialien nicht mehr produziert oder können schon produzierte Produkte nicht in diese Gebiete versandt werden, so liegt unter Umständen die Produktion brach. Kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmer dann nicht mehr beschäftigen, so gilt im Grundsatz: Der Arbeitgeber trägt das sogenannte „Betriebsrisiko“.
Der Arbeitgeber muss seinen Arbeitnehmern (die anderenfalls arbeiten könnten und würden) daher auch dann die Vergütung fortzahlen, wenn diese mangels Arbeit ihre Arbeitsleistung nicht mehr erbringen können.
Normalerweise obliegt das sogenannte „Wirtschaftsrisiko“ dem Arbeitgeber. Die Politik und die Bundesagentur für Arbeit haben inzwischen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein aufgrund oder infolge des Corona-Virus und/oder der damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen eingetretener Arbeitsausfall im Regelfall auf einem „unabwendbaren Ereignis“ oder auf „wirtschaftlichen Gründe“ im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III beruht und daher allen Betrieben, die sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigten, unabhängig von der Größe des Betriebs Kurzarbeitergeld bei vorübergehendem Arbeitsausfall zu gewähren ist. Voraussetzung ist dabei, dass der Unternehmer einen solchen Antrag stellt und die rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld vorliegen.
Aktuell können sowohl Produktionsausfälle aufgrund von Corona-bedingten Lieferschwierigkeiten als auch Ausfälle aufgrund von behördlichen Infektionsschutzmaßnahmen ein Grund für die Anordnung der Verkürzung der Arbeitszeit der Beschäftigten mit einer entsprechenden Verringerung ihrer Vergütung sein (Kurzarbeit). Kurzarbeit kann von dem Arbeitgeber aber nicht nach Belieben einseitig angeordnet werden. Hierzu bedarf es einer rechtlichen Grundlage, z.B. im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem einschlägigen Tarifvertrag. Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann auf Antrag Kurzarbeitergeld durch die Bundesagentur für Arbeit gezahlt werden. In Betrieben mit einem Betriebsrat ist vor der Anordnung von Kurzarbeit daher zwingend die Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 I Ziff. 3 BetrVG zu beachten.