Verfassungswidriger Verfassungsschutz?

dka im Innenausschuss des Bundestages zur Verfassungsschutzreform

Im Innenausschuss des Bundestages wurden heute Sachverständige zu dem Reformvorhaben der Bundesregierung zum Verfassungsschutz öffentlich angehört. Die Reform soll als Konsequenz aus dem NSU-Komplex gerechtfertigt werden. Zu den Sachverständigen gehörte auch Rechtsanwalt Sebastian Scharmer aus unserem Büro, der im NSU-Prozess am OLG München gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Peer Stolle die Interessen von Mitgliedern der Familie Kubasik aus Dortmund vertritt.

 

Kernpunkte des Gesetzentwurfs sind

1. die erhebliche Erweiterung des Kompetenzbereiches des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV),

2. die Neuregelung für den Einsatz und die Auswahl von verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen des Verfassungsschutzes, insbesondere Straffreiheit eben dieser Personen für eine Vielzahl von Delikten bzw. erweiterte Möglichkeiten, Strafverfahren einzustellen,

3. der massive Ausbau der Möglichkeiten der Datensammlung und Auswertung durch das BfV,

4. dazu praktisch mehr als 17 Mio € zusätzliche Mittel pro Jahr oder über 260 neue Planstellen für das BfV und

5. keinerlei Neuregelungen, die eine effektivere Kontrolle der Nachrichtendienste ermöglichen würden.

 

Im Ergebnis kann zusammengefasst werden:

  • Die Neuregelungen schaffen es in keinem Punkt, die Konsequenzen, die auch nach den Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages gefordert waren, umzusetzen.

  • Die bisherige Aufklärung des NSU-Komplexes hat zahlreiche regelwidrige, rechtswidrige und letztlich auch unproduktive Praktiken der Verfassungsschutzbehörden aufgedeckt. An diesen Praktiken soll das geplante Gesetz nichts ändern, vielmehr – und das ist schon ein bemerkenswerter Vorgang – sollen gerade diese vielfach kritisierten und verurteilten Praktiken gesetzlich legitimiert werden.

  • Bei vielen Familien der vom NSU Ermordeten und den Verletzten der Bombenanschläge herrscht Unverständnis und Wut über dieses Vorhaben. Sie verwehren sich ausdrücklich dagegen, dass diese Reform mit ihrem Leid begründet werden soll.

Die vollständige schriftliche Stellungnahme finden Sie hier.

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