Staatsanwaltschaft Köln will das Verfahren gegen Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht aufnehmen - jedenfalls aber verjähren lassen

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwältin von der Behrens, Rechtsanwalt Ilius, Rechtsanwalt Scharmer, Rechtsanwalt Dr. Stolle vom 08.11.2016

 

Staatsanwaltschaft Köln will das Verfahren gegen Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz nicht aufnehmen - jedenfalls aber verjähren lassen

 

Am heutigen Tag teilte die Staatsanwaltschaft Köln auf die Strafanzeige von Elif und Gamze Kubasik sowie der Anwälte der Familie Kubasik aus Dortmund mit, dass Sie keine Ermittlungen gegen den Mitarbeiter mit dem Deckmnahmen "Lothar Lingen" oder sonstige Verantwortliche des Bundesamtes für Verfassungsschutz aufnehmen will. Einen Anfangsverdacht sehe man dort weder für eine Strafvereitelung, noch für eine Urkundenunterdrückung oder einen Verwahrungsbruch.

 

Die Anzeige war unter dem 05.10.2016 erstattet worden, nachdem Ende September im Bundestagsuntersuchungsausschuss eine Vernehmung von "Lothar Lingen" durch das BKA und die Bundesanwaltschaft bekannt geworden war, aus der klar hervorgeht, dass wichtige Akten von thüringer V-Leuten nach Selbstenttarnung des NSU bewußt herausgesucht und geschreddert wurden, um das Bundesamt für Verfassungsschutz vor zumindest schwierigen Fragen zu bewahren. "Vernichtete Akten können aber nicht mehr geprüft werden“, sagte der ehemalige Mitarbeiter des Bundesamtes resümierend in seiner erst Ende September 2016 bekannt gewordenen Vernehmung.

Die Staatsanwaltschaft Köln hat entgegen dieser Feststellungen des aktuellen und letzten Untersuchungsausschusses nun mitgeteilt, dass sie davon ausgeht, dass das Aktenschreddern am 11.11.2011 "mit den zum Vernichtungszeitpunkt geltenden hausinternen Aufbewahrungsbestimmungen vereinbar anzusehen" sei. Außerdem teilte sie heute Nachmittag, also am 08.11.2016, mit, dass letzlich die Strafverfolgung wegen einer etwaige Beteiligung an den angezeigten Sachverhalten am 10.11.2016 - also in nicht einmal zwei Tagen - verjähren wird. Dabei verschweigt die Staatsanwaltschaft Köln allerdings, dass sie durch einfache Ermittlungsschritte, also beispielsweise durch die Anordnung der Vernehmung von "Lothar Lingen", die Verjährung zum aktuellen Zeitpunkt unterbrechen und damit ersteinmal verhindern könnte.

Alle Anzeigenerstatterinnen und Anzeigenerstatter haben Beschwerde gegen den heutigen Bescheid eingelegt und Akteneinsicht beantragt. Wir haben die Staatsanwaltschaft Köln außerdem aufgefordert, durch Ermittlungshandlungen die Verjährung zu unterbrechen, damit die Veranwortlichen im Bundesamt für Verfassungschutz sich nicht endgültig durch Verjährung jeder Verantwortung entziehen können, bevor überhaupt über unsere Beschwerde entschieden ist. Ob bis zum 10.11.2016 die Generalstaatsanwaltschaft oder zumindest der Justizminister von NRW als letzte Fachaufsichtsbehörde intervenieren, um die Verjährung, die die Staatsanwaltschaft Köln offensichtlich ohne jede Intervention eintreten lassen will, doch noch zu unterbrechen, bleibt abzuwarten.

 

Gamze Kubasik erklärt dazu:

"Ich bin wirklich erschüttert. Unsere Familie hat nach dem Mord an meinem Vater über fünf Jahre gerade durch die Behörden in Nordrhein-Westfahlen im Zenrum der Ermittlungen gestanden. Alle unsere Hinweise auf Nazis als Täter hatte man ignoriert. Vollkommen zu Unrecht, wie seit 2011 auch Staatsanwaltschaft und Polizei einsehen mussten. Nun aber scheinen gerade hier in Nordrhein-Westfahlen die Leute davon zu kommen, die Akten vernichtet haben, um den Verfassungsschutz vor unbequemen Fragen zu schützen und das sogar zugegeben haben sollen. Soll das jetzt etwa die rückhaltlose Aufklärung sein, die uns versprochen wurde?"

 

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