Plädoyer der Verteidigung von Holger Gerlach - Gerlach als unwissender „Sündenbock“

Plädoyer der Verteidigung von Holger Gerlach

Gerlach als unwissender „Sündenbock“

 

Heute begann das Plädoyer der Verteidigung von Holger Gerlach. Wenig überraschend meint die Verteidigung im Ergebnis, dass Gerlach ein Vorsatz – also Wissen und Wollen hinsichtlich der einzig angeklagten Unterstützung der terroristischen Vereinigung – nicht nachgewiesen werden könne. Sie stützte sich dabei allein auf die insoweit bestreitende – verlesene – Einlassung von Gerlach. Rechtsanwalt Hachmeister erklärte, dass es einen starken Pönalisierungsdruck gäbe, weil die Haupttäter – Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – tot seien und nun ein „Sündenbock“ gefunden werden müsse. Holger Gerlach habe im Prozess nicht persönlich aussagen wollen, weil Generalbundesanwalt und Nebenklage jedes Wort auf die Goldwaage gelegt und für den eigenen „Sachvortrag“ angepasst hätten. Er habe deswegen allein eine schriftliche Erklärung zur Sache abgegeben, welche die Verteidigung heute selbst als Geständnis bezeichnete. Trotzdem würde ihm immer alles maximal negativ und selektiv ausgelegt werden, nur um eine Verurteilung zu erreichen. Angeblich habe Gerlach die Gefährlichkeit von Mundlos und Böhnhardt nicht erkannt. Außerdem habe er Gewalt angeblich abgelehnt und sei wegen seiner Glücksspielleidenschaft sowie seines Drogenkonsum auch ein Risiko für die terroristische Vereinigung gewesen, weshalb er nicht eingeweiht worden sei. Außerdem habe es in Deutschland – so die Verteidiger – rechten Terror nicht gegeben, allenfalls mal „ein paar Skinheads, die mit einem Baseballschläger durch ihre Heimatstadt ziehen“.

Allein die Begehung von Raubüberfällen hätte er angenommen, weil die Drei immer über ausreichend Geld verfügt hätten (warum er diesbezüglich dann kein „Risiko“ für die Gruppe gewesen wäre, erklärte die Verteidigung übrigens nicht). Daher beantragte die Verteidigung – insoweit aus ihrer Sicht rechtlich folgerichtig – allein eine Verurteilung wegen Unterstützung einer kriminellen – also nicht terroristischen - Vereinigung und regte eine Strafe von maximal zwei Jahren an, die aus Gründen der Verteidigung der Rechtsordnung wohl nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Einen konkreten Antrag stellte die Verteidigung nicht. Insgesamt konnte das – durchaus didaktisch wesentlich ansprechender als die bisherigen Verteidigerplädoyers vorgetragene – Schlusswort inhaltlich nicht überzeugen.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

„Die Verteidigung von Gerlach hat die ideologischen Grundlagen der rechten Szene, aus der ihr Mandant kommt, nicht verstanden. Wer an eine Gruppe selbst eine scharfe Waffe und Dokumente für das Leben im Untergrund liefert, die einen menschenverachtenden Rassismus öffentlich lebt, die zündfähige Bombenattrappen mit Hakenkreuzen an öffentlichen Orten platziert, die Rohbomben baut und 1,3 kg TNT hortet, die in der Szene für den bewaffneten Kampf eintritt, der kann nicht ernsthaft behaupten, er hätte nicht einmal geahnt, dass die Gruppe Morde und Anschläge begeht. Wenn Gerlach behauptet, er habe mit der rechten Szene bereits vor 2007 gebrochen, ist das im Übrigen durch die Beweisaufnahme widerlegt, da er auch danach noch in der Szene verstrickt war. Sein „Bedauern“ gegenüber den Hinterbliebenen und Verletzten des NSU-Terrors kann man ihm so schwer abnehmen.“

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