Jürgen H. unterstütze das Trio nach der Flucht - auf Anweisung von Wohlleben.

Presseerklärung der Nebenklägervertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle
vom 19. Mai 2014

Jürgen H. unterstütze das Trio nach der Flucht - auf Anweisung von Wohlleben.

Für den heutigen Tag war allein der Zeuge Jürgen H. vorgesehen. Er soll Kontaktmann zwischen Wohlleben und dem Trio Ende der 90iger Jahre gewesen sein. Das bekennende NPD Mitglied gab sich von Anfang an wenig auskunftsfreudig. Jedes Wort mußte ihm aus dem Mund gezogen werden.

Er kannte Böhnhart und Wohlleben besser, war mit ihnen befreundet. Holger G., Zschäpe, Carsten S. und Mundlos kannte er vom Sehen her über seinen Freund Wohlleben. Mit Böhnhardt ist er als Jugendlicher mal von zu Hause abhauen, als es Probleme gab. Dafür hatten sie mit 15 bzw. 16 Jahren zwei Autos geklaut.

Böhnhardt sei durchsetzungsfähig gewesen, wenn es um seine Interessen ging. Stets habe er ein Messer bei sich getragen. Seine politische Einstellung wäre rechts gewesen. Zusammen waren sie bei mehreren Demonstrationen. Böhnhardt sei gegen Ausländer gewesen, mehr wisse er angeblich nicht.

Er hätte sich mit den Leuten lose im Viertel getroffen. Man hätte zusammen abgehangen. Ab 1998 wäre der Kontakt anders gewesen. Auf die Bitte des Vorsitzenden, das einmal näher zu erklären, sagte Jürgen H. nur "Telefonzelle." und antwortete dann zunächst nicht weiter. Wohlleben habe ihm Anweisungen gegeben, er habe den Kontakt über Telefonzellen gehalten und den Dreien Sachen übergeben, die sie für den Untergrund, für die Flucht, brauchen.

Ihm sei gesagt worden, zu welcher Zeit, in welcher Telefonzelle die Anrufe erfolgen. Er habe dann "die Aufträge angenommen und bearbeitet". Wieviele Anrufe es gewesen seien, wisse er nicht mehr genau, er könne auch keine Größenordnung einschätzen. Mit Zschäpe habe er nicht telefoniert. Böhnhardt und Mundlos könntes es beide gewesen sein.

Die Flucht von den Dreien habe in der Zeitung gestanden. Er habe dann bei mindestens zwei Gelegenheiten auch Kurierdienste geleistet. Einmal habe er einen Plastikbeutel von Wohlleben auf einem Parkplatz auf der A4 an eine unbekannte dritte Person übergeben. In dem Beutel seien CD's und Anziehsachen gewesen. Er habe den Beutel aber nicht durchsucht. Warum er bei der Polizei noch gesagt hatte, dass er Geld in dem Beutel vermutete, konnte oder wollte er heute nicht mehr sagen.

Carsten S. habe er einmal bei einem Einbruch in die Wohnung von Zschäpe geholfen. Da sollten wohl Unterlagen und Sachen rausgeholt werden. Die Polizei sei gekommen. Er habe vor der Wohnung Schmiere gestanden und sei dann abgehauen.

Einen weiteren Beutel von Wohlleben habe er in der Felsenkellerstraße in Jena, bei einer Ruine der ehemaligen Brauerei, einer unbekannten Person in einem dunklen Hauseingang übergeben. Er habe nicht gewußt, was in dem Beutel war und hätte auch nicht gefragt. Wohlleben oder Schultze hätten ihm gesagt, wann er, zu welcher Telefonzelle gehen soll. Dort habe er mit einem der Uwe's gesprochen. Er habe dan Wohlleben nach "dem Beutel" gefragt, ihn bekommen und hingefahren. Es sei ein "normaler Plastikbeutel" gewesen, oben zu gebunden, nicht schwer. Der Beutel sei weich gewesen. Er schätze, dass Kleidung der Inhalt gewesen sei. Später korrigierte er sich auf Vorhalt seiner polizeilichen Vernehmung, dass es sich um ein Paket mit einem schweren Gegenstand gehandelt habe. Er habe später gedacht, dass es sich um eine Waffe gehandelt haben könnte.

Die Vernehmung gestalltete sich einsilbig. Oft schwieg Jürgen H. lang, bevor er nur Stichwörter herausbrachte. Dabei entstand allerdings nicht der Eindruck, dass der Zeuge nicht in der Lage sei, der Vernehmung zu folgen. Vielmehr wirkte er schlicht unwillig zu antworten, insbesondere Dinge zu offenbaren, die die Angeklagten belasten könnten. Sein Verhalten grenzte an Aussageverweigerung.

Böhnhardt und Mundlos hätte ein Spiel mit dem Namen Pogromoly hergestellt. Dabei sei es darum gegangen, Städte "judenfrei" zu kriegen. Es habe auch Felder mit KZ-Namen gegeben. Bei ihm seien zeitweise ca. 20 dieser Spiele gelagert worden. Wohlleben und Carsten S. hätten den Verkauf organisiert. Mehrere Personen hätten Spiele bei ihm abgeholt und bezahlt. Das Geld habe er u.a. an Wohlleben weitergereicht. Es sollen über hundert dieser Spiele vertrieben worden sein, habe er angeblich aus der Zeitung erfahren. Seine 20 Spiele seien jedenfalls alle verkauft worden. Abnehmer hätten sich im Bekanntenkreis in der rechten Szene gefunden.

Der Verfassungsschutz habe damals, 1998, versucht, ihn anzuwerben. Er sollte Wohlleben ausspionieren und dafür Geld bekommen. Es habe zwei Kontakte gegeben. Er habe die Zusammenarbeit abgelehnt und Wohlleben nach dem ersten Treffen informiert. Das zweite Treffen habe er dann auf Tonband heimlich aufgezeichnet.

Als er dann bei der Bundeswehr war, habe ihn das LKA vernommen. Die hätten vom Kontakt mit dem Trio und der Übergabe von Gegenständen gewußt, ihm Vorhaltungen gemacht, Observationsfotos gezeigt, mit Gefängnis gedroht. Sie wollten wisse, wo die Drei sind, was er jedoh nicht habe sagen können.

Auch Mitarbeiter des MAD seien auf ihn zu gekommen. Es sei um die Kurierfahrten und seine Verbindung in die rechten Szene gegangen. Dem MAD gegenüber habe er schon 1999 bei den Dreien von "Rechtsterroristen" gesprochen, die eine Änderung des Systems herbeiführen wollen. Er selbst würde sich an einer entsprechenden Revolution ebenfalls beteiligen. Dem LKA habe er nur gesagt, was die ohnehin schon gewusst hätten. Für ihn zähle Kameradschaft. Der MAD habe ihm daraufhin nur erklärt, dass er rechte Aktivitäten während seiner Bundeswehrzeit unterlassen solle.

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