Hält die Berliner Polizei die AfD für bürgernah und konservativ?

Hält die Berliner Polizei die AfD für "bürgernah und konservativ"?

Am 24. Oktober 2015 fand eine AfD-Kundgebung in Berlin-Schöneberg statt. Bei Protesten gegen diese Kundgebung wurde eine Gegendemonstrantin von Berliner Polizeibeamten wegen des Vorwurfes des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz festgenommen. Sie soll sich kurzzeitig ihren roten Schal über die Nasen- und Mundpartie gezogen und damit gegen das Vermummungsverbot verstoßen haben. In der Ermittlungsakte, in die ihr Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Stolle Einsicht nehmen konnte, sind Äußerungen dokumentiert, wonach die Berliner Polizei die Partei "Alternative für Deutschland" als bürgernah und konservativ ansieht.

So findet sich sowohl in der gefertigten Strafanzeige als auch in der zeugenschaftlichen Äußerung eines der an der Festnahme der Demonstrantin beteiligten Polizeibeamten der Passus, dass es sich aus "Sicht der Berliner Polizei" bei der Partei "Alternative für Deutschland" um eine bürgernahe und konservative Partei handele, es sich allerdings aus Sicht des linken Spektrums um eine rechte Partei handele. Diese Äußerung erfolgte ohne jeglichen Sachbezug. Sie war für die Bewertung, ob es sich bei dem gegenständlichen Sachverhalt um eine Straftat gehandelt hat, nicht erforderlich. Die Anzeige wäre auch ohne diese Äußerung vollständig gewesen.

Die Betroffene trug weder eine Mütze, noch eine Brille und war daher jederzeit identifizierbar. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft mittlerweile eingestellt.

Vor diesem Hintergrund hat nunmehr Rechtsanwalt Dr. Stolle Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die beiden Polizeibeamten erhoben und den Sachverhalt dem Polizeipräsidenten in Berlin, Herrn Kandt, zur Kenntnis gegeben. Diese Äußerung verletzte die den Beamten obliegende Neutralitätspflicht. Dadurch wird der Eindruck erweckt, dass sich die Beamten in der öffentlichen Auseinandersetzung in Bezug auf den Charakter und die Politik der Partei "Alternative für Deutschland" eindeutig positioniert und damit auch den Protest gegen diese Politik diskreditiert.

Rechtsanwalt Dr. Stolle erklärt dazu: "Es besteht der begründete Anlass zur Sorge, dass allein aus dieser Haltung Menschen, die - wie meine Mandantin - gegen die AfD protestieren, von polizeilichen Maßnahmen betroffen sein werden. Das Objektivitätsgebot ist damit verletzt. Dies ergibt sich hier vor allem auch aus den Umstand, dass das Verhalten der Mandantin nicht strafbar war, da sie jederzeit eindeutig identifizierbar war. Dass die Beamten darüber hinaus ihre Äußerungen nicht nur allein als ihre individuelle Meinung darstellen, sondern als die 'Sicht der Berliner Polizei", verleiht dem Vorgang noch eine besondere Brisanz."

Zurück