Die Vernehmung von Jana J., einer ehemaligen Freundin von André Kapke, wurde fortgesetzt.

Presseerklärung der Nebenklägervertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle vom 16. April 2014

Die Vernehmung von Jana J., einer ehemaligen Freundin von André Kapke, wurde fortgesetzt. Sie gab tiefe Einblicke in die ideologische Gedankenwelt der Nazi-Szene von Jena in den 1990er Jahren.

Jana J., damals noch Jana A., war 15, 16 Jahre alt, als sie 1996 Teil der rechten Szene von Jena wurde. Damals, so die Zeugin, waren alle irgendwie fremdenfeindlich, die Nazis waren bloß noch einen Zacken schärfer. Besondere Hürden, in die rechte Szene hineinzukommen, habe es nicht gegeben. Die Szene sei damals sehr groß gewesen, die Ideologie habe sie geteilt.

Zunächst wurde die Zeugin am heutigen Hauptverhandlungstag vom Vorsitzenden nach der Stellung von und ihrem Verhältnis zu Personen aus der rechten Szene befragt, wie den Angeklagten Ralf Wohlleben und Carsten Sch. und dem damaligen Kopf der Kameradschaft Jena, André Kapke. Dabei ging es auch noch mal um den Vorfall mit zwei Mädchen, mit denen sich die Zeugin getroffen haben soll, um über die Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Jugendlichen zu sprechen. Nach diesem Treffen sollen die beiden linksalternativen Mädchen von einer Gruppe Nazis überfallen worden sein. Deswegen habe es großen Ärger mit André Kapke gegeben, weil sie ihm vorgeworfen hat, den beiden Mädchen eine Falle gestellt zu haben.

Anschließend wurde Jana J. mit einer Zeugenaussage einer Frau konfrontiert, die aussagte, wie sie 1996 mit einer Freundin in Winzerla unterwegs gewesen ist, dabei auf Beate Zschäpe und Jana J. getroffen sei und ihre Freundin dann von Beate Zschäpe angegriffen und zu Boden geworfen worden sei, wobei ihre Freundin einen Beinbruch erlitten habe. Mit dieser Aussage konfrontiert gab Jana J. an, sich an einen solchen Vorfall nicht erinnern zu können.

Am Nachmittag wurde die Zeugin Jana J. durch die Nebenklage befragt. Rechtsanwalt Stolle befragte die Zeugin noch mal nach den damaligen politischen Vorstellungen in der Nazi-Szene von Jena und deren Verhältnis zum historischen Nationalsozialismus. Man war rassistisch, systemfeindlich gewesen, habe sich gegen Zuwanderung gewandt, die Kapitalismuskritik in der Szene war immer antisemitisch, das wurde beides gleichgesetzt, so die Zeugin.

Der Zeugin wurden dann Ausschnitte aus einem Interview, dass ein Journalist der BBC 1998 mit Nazis vom Thüringer Heimatschutz, u. a. Tino Brandt, André Kapke und auch der Zeugin Jana H. geführt hat, vorgespielt. In dem Interview fallen u. a. Äußerungen wie Adolf Hitler sei ein großer deutscher Staatsmann wie Friedrich der Große gewesen, die Zuwanderung sei eine raffinierte Variation der Volksvernichtung, die ländlichen Gebiete müssten rassisch rein gehalten werden u. ä. Der Zeugin waren die Interviewausschnitte sichtlich peinlich. Zum Schluss war noch zu sehen, wie die Gruppe der THS-Nazis dem Journalisten ein Exemplar des "Pogromly"-Spiels übergeben haben; obwohl Jana J. behauptet hat, von diesem Spiel erst aus den Medien erfahren zu haben.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu: "Die Vernehmung hat noch mal deutlich gemacht, in welchem Umfeld das Trio politisch sozialisiert worden ist; ein Umfeld, in dem rassistische Einstellungen normal waren, Kritik am Kapitalismus ohne Antisemitismus nicht denkbar war und Zuwanderung mit Volksvernichtung gleichgesetzt worden ist. Wenn man sich aber in eine Situation hineinhalluziniert, dass dem deutschen Volk durch 'Vermischung' die Vernichtung droht, ist es zum Mord als Mittel zu dessen Abwehr nicht mehr weit."

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