Das asservierte Geständnis von „Liese“, „Killer“ und „Cleaner“

Presseerklärung des Nebenklagevertreters Rechtsanwalt Sebastian Scharmer vom 29.01.2015

 

Das asservierte Geständnis von „Liese“, „Killer“ und „Cleaner“

 

Zu Beginn der heutigen Verhandlung wurde eine BKA-Beamtin gehört, die eine im Brandschutt der Frühlingstraße aufgefundene CD-ROM ausgewertet hatte. Darauf befanden sich mehrere Ordner u.a. mit den Bezeichnungen „Killer“, „Aktionen wichtig“, „für die Aktions-DVD“ sowie ein Unterordner „Mein Kampf“. Es fanden sich Ausspähdaten von Parteibüros, Abgeordneten, kirchlichen Einrichtungen, Synagogen, Flüchtlingsunterkünften und linken Vereinen. Zudem fanden sich Adressen von Waffenhändlern. Ein weiterer Unterordner enthielt eine Tabelle mit Reiseplanungen für über 6.500 Objekte. Zudem fand sich ein Plan von Nürnberg mit verschiedenen markierten Punkten für potentielle Anschlagsziele oder Banküberfälle. Ein weiterer Ordner enthielt gefälschte Mitgliedsausweise für Tennisclubs und ein Hotel mit Zschäpes Foto und dem Namen von Mandy St..

 

Zudem gab es Wettvereinbarungen. Wer in einer bestimmten Zeit nicht genug abnimmt, sollte u.a. eine bestimmte Zahl von Videos schneiden. Die Teilnehmer der Wette hießen „Liese“, „Killer“ und „Cleaner“ - für Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt. Auch gab es einen Ordner „Killer“ in dem sich Softwaredaten befanden, die sich Uwe Mundlos zugeordnet werden konnten.

 

Der Ordner „Mein Kampf“ enthielt Dateien mit der Bezeichnung „NSdAP AO“ - also der „Aufbauorganisation der NSdAP“, die auch nach 1945 insbesondere im Ausland bestand. Sie enthielten Daten über nationalsozialistische Propaganda und Nutzung des Internets dazu. Technisch konnte nicht festgestellt werden, wann die CD-ROM erstellt wurde. Aufgrund verschiedener Dateibeschriftungen geht das BKA jedoch von einer Erstellung im Mai 2007 aus.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

 

„Die CD-Rom ist ein wichtiges Beweismittel. Zschäpe war bei der Brandstiftung in der Frühlingsstraße offensichtlich nicht davon ausgegangen, dass diese Daten auch nach der Explosion der Wohnung noch lesbar sind. Insofern stimmt die Bezeichnung „asserviertes Geständnis“ durchaus. Denn der NSU hat sich mit dem Bekennervideo zu den Morden und Anschlägen bekannt. Zschäpe war an der Erstellung der DVD nach der Indizienlage durchaus beteiligt. Auch die gegenseitige Bezeichnung als „Killer“, Cleaner“ und „Liese“ lässt Rückschlüsse auf den Kenntnisstand von Zschäpe zu. Darüber hinaus wirft die CD-ROM die Frage nach weiteren Datenträgern auf, die bei Szenegrößen gefunden wurden und die Bezeichnung „NSdAP/AO / NSU“ getragen haben. Zuletzt musste das Bundesamt für Verfassungsschutz zugeben, dass eine solche CD dort bereits 2005 vorlag – in etwa zum gleichen Zeitpunkt der mutmaßlichen Erstellungszeit der in der Frühlingsstraße aufgefundenen CD.“

 

Ein weiterer Betroffener des Bombenanschlags in der Keupstrasse sagte danach aus und beschrieb wie sein Auto von der Detonation der Bombe getroffen wurde. Seine betagte Schwiegermutter sagte ebenfalls aus. Sie wohnte in der Keupstraße und bekam in ihrer Wohnung unmittelbar die Detonation der Bombe mit. Sie saß am Küchentisch. Alles vibrierte. Es gab einen großen Knall, eine Staubwolke, die Fenster wurden beschädigt, es war Chaos in der Straße. Sie konnte sich nur noch hinsetzen, war zu nichts mehr fähig. Alle Ladenlokale im Haus waren zerstört. Erst mehrere Tage später ging sie wieder aus dem Haus, klappte aber kurze Zeit wieder zusammen. Hätte vor ihrem Haus nicht ein großer Lieferwagen geparkt, hätte Sie auch verletzt werden können, so die Zeugin. Nach dem Vorfall hat die heute 78ig-jährige Zeugin fast 20 Kilo an Gewicht verloren.

 

Die Verteidigung und das Gericht problematisierten die Meldung eines Anwalts für die beiden Zeugen als Nebenkläger. Die Zeugen sagten, sie hatten diesen Anwalt tatsächlich nicht beauftragt. Er hatte sich um das Mandat bemüht, sie bei Gericht gemeldet und letztlich dann den Antrag auf Zulassung der Nebenklage aber wieder zurückgenommen.

 

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

 

„Alle Bewohner der Keupstraße im Bereich der Nagelbombe sollten getroffen – und ggf. ermordet - werden. Es war ein hinterhältiger Anschlag, der eine Vielzahl von Menschen überraschend treffen sollte. Unabhängig vom Verhalten des Anwalts der Betroffen, gilt meine uneingeschränkte Solidarität allen, denen der Anschlag galt. Ein mögliches Verhalten eines einzelnen Anwalts darf das Leid der Betroffenen nicht relativieren!“

 

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