Befangenheitsantrag von Zschäpe und Wohlleben abgelehnt. Zeuge Michael P. über Brandt: Es ging um radikale „Reinhaltung der weißen Rasse“

Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle

vom 02.12.2014

 

Befangenheitsantrag von Zschäpe und Wohlleben abgelehnt.

Zeuge Michael P. über Brandt: Es ging um radikale „Reinhaltung der weißen Rasse“

 

Zunächst wurde bekannt, dass das letzte Woche durch die Verteidigung Zschäpe und Wohlleben gestellte Befangenheitsgesuch – erwartungsgemäß – abgelehnt wurde. Weitere Anträge stellte dazu die Verteidigung nicht.

 

Folgend wurden zunächst zwei Schweizer Polizeibeamten vernommen. Dabei ging es um Beweisanträge der Verteidigung Wohlleben. Zwei bislang hier nicht vernommene Personen waren im Rahmen der Ermittlungen zu Waffen in der Schweiz aktenkundig geworden. Darunter war auch ein Deutscher, der über 100 Waffen bunkerte und mutmaßlich auch nach Deutschland verkaufte. Über 60 Waffen wurden insgesamt bis 2004 von der Firma Schläfli & Zbinden gekauft, von der auch die hier verfahrensgegenständliche Ceska 83 stammen soll. Diese Tatwaffe Ceska 83 wurde allerdings nach der Anklage von Hans Ullrich M. über einen Waffenschein von Anton G. gekauft und nach Deutschland verbracht. Die Verteidigung Wohlleben will Zweifel an dieser Tatsachenschilderung sähen. Das gelang ihr allerdings nicht.

 

Denn bereits der erste vernommene inzwischen pensionierte Polizist sagte aus, dass im Rahmen seiner Ermittlungen eine Ceska 83 mit dem in diesem Verfahren maßgeblichen Kaliber keine Rolle gespielt habe. Er nehme zwar an, dass die Firma Schläfli & Zbinden im „Graubereich“ agierte, weil die Personalausweise offensichtlich nicht richtig kontrolliert wurden und zudem auch der Verkauf von Schalldämpfern in der Schweiz grundsätzlich verboten sei. Er selbst habe das aber auch nicht ermittelt. Das müssten andere Beamte aus Bern gewesen sein. Der zweite – inzwischen ebenfalls pensionierte – Schweizer Beamte bestätigte im Wesentlichen die Aussagen seines Kollegen.

 

Am Nachmittag sagte Michael P. aus. Er hatte zusammen mit Antje P. den Naziladen „Sonnentanz“ betrieben, in dem der V-Mann Carsten Szepanski schon während seiner Haftzeit im offenen Vollzug begann zu arbeiten. Er war mit seiner Frau ebenfalls bei Blood & Honour organisiert. Er habe bei der Polizei auf Fotos sofort fünf „Aktivkader“ erkannt, die vom Staat bezahlt worden waren. Das waren Leute, die auf Demonstrationen und mit „Stärkebekundungen“ bundesweit aufgefallen waren. Dabei waren auch Thomas Starke und Carsten Szepanski. Er habe damals schon den Verdacht gehabt, dass sich Spitzel in Führungsrollen der Szene drängten, um diese „zu radikalisieren“.

 

Auch an ihn sei einmal jemand wahrscheinlich vom Verfassungsschutz herangetreten und habe ein „Sümmchen Geld“ geboten und angeboten, ein anhängiges Strafverfahren wegen verfassungsfeindlicher Tonträger „aus dem Weg zu räumen“. Er habe „aus Spaß“ gesagt: „Häng zwei Nullen ran“, was aber abgelehnt worden sei.

 

Carsten Szepanski habe er bei einem Haftbesuch kennengelernt. Er habe behauptet, unschuldig verurteilt zu sein. Es habe ihn gewundert, dass Szepanski so schnell aus dem Knast raus gekommen ist und draußen gleich soviel „unsinnige Aktionen“ veranstaltet hat.

 

Tino Brandt habe er auch bei einem Konzert kennengelernt. Der habe sofort versucht, ihn in ein politisches Gespräch zu bringen. Es ging um die revolutionäre Änderung der Weltordnung. Er habe von einer Art „Säuberung“ oder „Reinhaltung“ gesprochen, um der „weißen Rasse“ einen Vorsprung zu gewähren. Brandt habe ein klares Feindbild gehabt. Als es um Einzelheiten dazu ging, habe er aber angeblich „nicht mehr zugehört“. Es sei eine Bewegung „gegen alles“ gewesen; gegen „den Staat, gegen die Justiz, gegen Ausländer, gegen Straßenbahnfahrer, gegen alles...“.

 

Es sei allgemein Thema gewesen, dass Leute aus Thüringen abgehauen und untergetaucht sind. Damals waren das für ihn „Spinner, so Bombenbastler“. Über die ist auch getratscht worden. Das „war aber nichts Präzises“. Wer darüber getratscht habe, wisse er angeblich nicht mehr. Es sei aber nicht um Drei Leute, sondern damals mutmaßlich nur um zwei Typen gegangen. „Jeder hat ein anderes Märchen erzählt“.

 

Es sei in der Szene auch um Unterstützung und Spenden für die Untergetauchten gegangen. Dafür habe es Rundbriefe gegeben, die bei Konzerten ausgelegen haben. Als es zu Fragen im Hinblick auf die Rolle seiner geschiedenen Ehefrau, Antje B., kam, wollte der Zeuge keine Angaben machen und berief sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht. Da fraglich ist, ob ihm ein solches zusteht, unterbrach der Senat die Vernehmung und wird dem Zeugen einen Anwalt als Beistand beiordnen. Seine Vernehmung wird am 16.12.2014 fortgesetzt.

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